freie Lektorin und Autorin
Auf dieser Seite wird ein Frosch vervierfacht …
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Der sogenannte Zauberspiegel (das Original wurde unter dem Markennamen „Mirage“ von der Firma Opti-Gone in Kalifornien entwickelt, ich habe jedoch einen Nachbau verwendet) besteht eigentlich aus zwei Spiegeln – zwei Parabolspiegel werden aufeinandergesetzt; der obere Spiegel hat in der Mitte ein Loch. Wichtig ist, dass der Brennpunkt des einen Spiegels jeweils im Scheitelpunkt des anderen Spiegels liegt. Setzt man nun einen Gegenstand in den Scheitelpunkt des unteren Spiegels, sitzt dieser Gegenstand gleichzeitig im Brennpunkt des oberen Spiegels. Im Brennpunkt des unteren Spiegels – also im Scheitelpunkt des oberen Spiegels – entsteht nun ein reelles, aufrechtes, seitenvertauschtes Bild des Gegenstandes. Da der obere Spiegel jedoch ein Loch in seiner Mitte hat, erscheint dieses Bild in der Öffnung.
Da der Gegenstand dreidimensional ist, liegen auch seine Bildpunkte nicht alle in einer Ebene und es entsteht ein dreidimensionales Bild. Deshalb funktioniert das auch nur bei kleinen Gegenständen – alle Gegenstandspunkte müssen hinreichend genau im Scheitelpunkt der unteren/Brennpunkt der oberen Linse liegen!
Unter bestimmten Blickwinkeln sieht man das 3D-Bild oberhalb der Öffnung des oberen Spiegels. Das Bild erscheint so real, dass man glaubt, den Gegenstand über dem Spiegel anfassen zu können.
Man sieht den „schwebenden“ Frosch nur aus bestimmten Blickwinkeln. Von jedem Punkt des Gegenstandes gehen Strahlenbündel aus. Die Strahlen von einem Gegenstandspunkt werden von den Spiegeln auf einen Punkt fokussiert, dort entsteht ein Bildpunkt. Die Strahlen enden aber nicht im Bildpunkt, sondern laufen dahinter weiter. Von jedem Bildpunkt geht also ein Strahlenbündel aus. Fällt ein solches Strahlenbündel ins Auge, fokussiert die Augenlinse das Strahlenbündel zu einem weiteren Bildpunkt auf der Netzhaut. Die Quelle für dieses Bild auf der Netzhaut ist der Bildpunkt, von dem das Strahlenbündel ausging, und nicht der Gegenstandspunkt. (Der aber natürlich ursprünglich mal die Quelle der Strahlen war, siehe auch Strahlenoptik) Deshalb sieht man das Bild des Frosches. Dazu muss es aber Strahlen geben, die vom Gegenstandspunkt über die Spiegel und den Bildpunkt genau ins Auge fallen – und das passt eben nur für bestimmte Blickwinkel. Es gibt auch Blickrichtungen, aus denen sieht man Teile des Frosches oberhalb des Spiegels schweben. Gleichzeitig verdecken die Ränder des Loches aber den Rest des Frosches, womit dieser Rest innerhalb des Spiegels zu liegen scheint (man fühlt sich an Gemälde von Escher erinnert.)
Natürlich wird nicht nur der Gegenstand abgebildet, sondern auch der untere Parabolspiegel sowie auch das Spiegelbild des Gegenstandes. Die Öffnung erscheint also wie ein Spiegel, auf dem der Gegenstand sitzt und in dem er sich spiegelt.
Ausführlicher befasst sich ein Artikel in der Zeitschrift „Physik in unserer Zeit“ mit dem Zauberspiegel (Heft 1/2007, S. 21, Wiley-VCH, Weinheim).
Man kann jetzt im nächsten Schritt das Ganze auch umkehren und den Frosch (oder auch einen Dinosaurier) in die Öffnung des oberen Spiegels hängen. Dann wird der Saurier in den Brennpunkt des oberen Spiegels, also den Scheitelpunkt des unteren Spiegels, abgebildet. Da es ein reelles Bild ist, lässt es sich mit einem Schirm auffangen. Ich habe das gemacht, indem ich ein kleines Stück Papier in den Scheitelpunkt des unteren Spiegels gelegt habe. Ein Blatt Papier kann natürlich kein dreidimensionales Bild auffangen, deshalb ist das Bild entsprechend unscharf. Dass es ein Bild des Sauriers ist und nicht etwa ein Schatten, sieht man an den vertauschten Seiten. Ein Schatten wäre seitenrichtig.
Man kann noch verschiedene Spielereien ausprobieren, die ziemlich verblüffend sind. Der untere Spiegel wird wie schon gesagt in die Öffnung des oberen abgebildet, man hat den Eindruck, die Öffnung sei ein Spiegel. Der in der Öffnung hängende Saurier scheint sich auch an dem Bild des Spiegels in der Öffnung zu spiegeln!
Natürlich kann sich der Saurier nicht wirklich an dem „Spiegel-Bild“ spiegeln – was hier erscheint, ist das Bild des Saurierbildes. Der Saurier wird ja in den unteren Spiegel abgebildet. Und dieses Bild wird dann auch wieder „zurück-abgebildet“ in den oberen Spiegel. (Da erst die Abbildung nach unten und dann die Abbildung nach oben je eine Seitenvertauschung verursachen, stimmt es am Ende wieder.)
Da auch von den Bildpunkten Strahlenbündel ausgehen, wie von den Gegenstandspunkten, können auch Bilder ihrerseits wieder abgebildet werden. Dann entstehen von den Bildpunkten neue Bildpunkte. Beim Fernrohr nutzt man das; ohne das könnte auch die Augenlinse kein Bild eines Bildes auf der Netzhaut erzeugen.
Das Stück Papier im unteren Spiegel wird ebenfalls in die Öffnung abgebildet. Was auf den ersten Blick völlig verrückt erscheint, ist, dass der echte Saurier, der in der Öffnung hängt, nicht nur auf dem Papier-Bild zu liegen scheint, sondern sogar einen Schatten auf das Papier-Bild wirft!
Aber auch dieser Schatten ist nur ein Bild. Der Saurier wirft zwar einen Schatten, den man aber nicht sieht, da es keine Fläche gibt, die ihn auffängt. Trotzdem wird der Schatten mit dem Saurier in den unteren Spiegel abgebildet. („Schatten“ bedeutet ja einen Bereich, in den weniger Licht fällt, weil der Gegenstand das Licht abschirmt. Dieses „weniger Licht“ wird auch mit abgebildet.) Anschließend wird das „Schatten-Bild“ mitsamt dem Papier wieder nach oben in die Öffnung abgebildet und erscheint dann nach zweimaliger Seitenvertauschung wieder richtig herum.
Weniger spektakulär, aber auf ähnlichen Prinzipien beruhend, erscheint das dreidimensionale Bild dieser Flamme in einer Petroleumlampe, das über der echten Flamme erscheint.
Auch zu diesem Phänomen gibt es einen Artikel in der Zeitschrift „Physik in unserer Zeit“ (Heft 2/2007, S. 96, Wiley-VCH, Weinheim).
© Wiebke Salzmann, September 2012