freie Lektorin und Autorin
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In einem Medium wird Licht an den Atomen und Molekülen gestreut. Ist die Teilchendichte gleichmäßig genug, so dass das Medium als homogen angesehen werden kann, überlagern sich sämtliche Streuwellen so, dass ein einziger Strahl übrig bleibt, der durch das Medium hindurchgeht. Ist die Lichtgeschwindigkeit im Medium eine andere als dort, wo der Lichtstrahl herkommt, wird er gebrochen.
Die Lichtbrechung lässt sich im Wellenbild des Lichtes gut veranschaulichen. Nehmen wir zwei übereinanderliegende, aneinanderstoßende Medien und die zwischen ihnen liegende Grenzfläche. Betrachtet man eine schräg auf die Grenzfläche einfallende Wellenfront, regt sie an der Grenzfläche Wellen an. Nun soll aber im unten liegenden Medium die Lichtgeschwindigkeit eine andere sein als im oberen – beispielsweise eine kleinere. (Dies ist beispielsweise der Fall an der Grenzfläche zwischen Luft und Wasser – in Wasser hat das Licht eine kleinere Ausbreitungsgeschwindigkeit als in Luft.)
Trifft ein Strahl (dunkelgrau) auf die Grenzfläche zwischen zwei Medien (oben), hängt es von den Lichtgeschwindigkeiten in den Medien ab, was mit dem Strahl passiert. Die Wellenfront trifft schräg auf die Grenzfläche zwischen den Medien. Sie erreicht Atom 1 also zuerst und regt dieses zu Schwingungen an. Atom 1 sendet „seine“ Welle also vor Atom 2 aus. Hat das Licht nun in beiden Medien dieselbe Geschwindigkeit, breitet sich die Wellenfront im zweiten Medium genauso schnell aus wie im ersten und der Strahl geht ungebrochen in das zweite Medium über (Mitte). Ist im zweiten Medium die Lichtgeschwindigkeit aber kleiner als im ersten (unten rechts), hat die Welle von Atom 1 erst einen kürzeren Weg zurückgelegt, wenn Atom 2 angeregt wird, als es im ersten Medium der Fall gewesen wäre. Die neue Wellenfront im zweiten Medium hat deshalb einen anderen Winkel, die Strahlrichtung knickt zum Lot (gestrichelte schwarze Linie) hin – der Strahl wird gebrochen (hellgrau). Entsprechend wird der Strahl vom Lot weg gebrochen, wenn die Lichtgeschwindigkeit im zweiten Medium höher ist (unten links).
Betrachtet man einen Gegenstand, der sich in einem Medium befindet, das einen anderen Brechungsindex hat als das, in dem man selbst sich aufh&aumL;lt, wird das von dem Gegenstand ausgehende Licht an der Grenzfläche natürlich auch gebrochen. Das von einem unter Wasser liegenden Gegenstand ausgehende Licht wird also vom Lot weggebrochen, bevor es in unser Auge trifft (schwarze Pfeile). Das Gehirn verlängert den Strahl aber, als wäre er nicht gebrochen worden (gestrichelte Linie). Man sieht also den Gegenstand als Ausgangspunkt des Strahls an einer anderen Stelle (hellgrau) als der, an der er sich wirklich befindet (dunkelgrau). Daher kommt die Verzerrung von Gegenständen unter Wasser und die Schwierigkeit, die Tiefe eines Gewässers von oben einschätzen zu können.
In diesem Fischbecken im Natur- und Umweltpark in Güstrow sieht man denselben Fisch zweimal – einmal von vorn durch das Wasser (und die Beckenwand), einmal von oben durch das Wasser.
Einen Fisch (dunkelgrün) auf dem Trockenen sieht man nur wie gewohnt „in einfacher Ausführung“, weil zwar von jedem Punkt des Fisches viele Strahlen ausgehen, aber nur einer davon ins Auge des Beobachters fällt (oben). Befindet sich der Fisch in einem kleinen Becken, muss das Licht erst das Wasser, dann die Luft durchqueren. Beim Übertritt vom Wasser in die Luft wird es gebrochen. Nun gibt es Strahlen, die das Wasser nach oben verlassen, und solche, die das Wasser zur Seite verlassen. In beiden Gruppen gibt es solche, die gerade so gebrochen werden, dass sie ins Auge des Beobachters fallen. Da das Gehirn die Brechung nicht mit einberechnet, sondern den Verlauf der beiden Strahlen so verlängert, als wären sie nicht gebrochen worden, projiziert jeder dieser Strahlen den Fisch an eine andere Stelle – man sieht zwei Fische (hellgrün), und keinen davon dort, wo der echte sich befindet. (Auf dem Foto kommt noch eine Verzerrung der Fische hinzu, weil die Einfassung des Beckens rund ist. Die Brechung an der Einfassung haben wir hier nicht berücksichtigt.)
© Wiebke Salzmann, Mai 2009